Dem Ernährungsreport „Deutschland, wie es isst“ vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zufolge, interessieren sich immer mehr Menschen, wie die Lebensmittel hergestellt werden. Beim Kauf von Fleisch achteten 55 % der Befragten 2021 auf Tierwohllabel, 2020 waren es nur 48%. Zum Wohl der Tiere würden sogar 42 % bis zu 5 Euro mehr für ein Kilo Fleisch bezahlen.

Ein Tierwohllabel ist ein Gütesiegel, welches beim Einkauf von Fleischprodukten helfen soll, die Bedingungen der Haltung, des Transports und der Schlachtung der Tiere zu beurteilen. Es gibt Label von Handel, Fleischwirtschaft und Brancheninitiativen. Die neue Regierung plant eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung.

1. Haltungsform: Das Siegel der Supermärkte

Haltungsform

Von Rot bis Grün: Das Haltungsform-Siegel hat vier Stufen. © Initiative Tierwohl

Im April 2019 haben mehrere große deutsche Lebensmittelhändler mithilfe der Initiative Tierwohl eine einheitliche, vierstufige „Haltungsform“-Kennzeichnung eingeführt. Aldi Nord und Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny sowie Rewe verwenden sie für das Fleisch ihrer Eigenmarken und das von der Theke. Ab 2022 wollen die teilnehmenden Händler auch Milch und Milchprodukte, mit der Haltungsform der Milchkühe labeln.

Haltungsform 1 „Stallhaltung“

Haltungsform 1 steht bei Fleisch von Schweinen, Hähnchen und Kaninchen für die Tierhaltung nach dem gesetzlichen Mindeststandard. Bei Produkten von Puten, Mast- und Milchrindern sowie Enten zeigt Stufe 1 die branchenübliche Haltung an, da es für diese Tierarten keine speziellen gesetzlichen Haltungsvorschriften gibt.

Haltungsform 2 „StallhaltungPlus“

Mit Ausnahme der Pekingenten und der Milchkühe haben die Tiere bei Haltungsform 2 etwas mehr Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 10%) und zusätzliches Beschäftigungsmaterial. Die Ställe der Enten müssen ab dieser Stufe Tageslicht haben und die Kühe dürfen nicht angebunden sein.

Haltungsform 3 „Außenklima“

Haltungsform 3 bedeutet, dass die Tiere Kontakt mit dem Außenklima haben, beispielsweise durch eine nach außen offene Stallseite oder in einem überdachten Außenbereich am Stall. Außerdem haben die Tiere – außer Enten – noch mehr Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 40%). Zusätzlich ist Futter ohne Gentechnik vorgeschrieben.

Haltungsform 4 „Premium“

Haltungsform 4 bietet den Tieren einen tatsächlichen Auslauf im Freien und außerdem den meisten Platz im Stall (Beispiel Schwein: + 100%) – nur für die Pekingenten gibt es in allen 4 Haltungsformen dieselben Vorgaben zum Platzangebot im Stall. Das Futter ist auch in dieser Haltungsform ohne Gentechnik. In diese Stufe ist Biofleisch einzuordnen. Aber auch konventionell erzeugtes Fleisch findet sich hier, wenn die Tierhaltung die beschriebenen Anforderungen erfüllt.

Hintergrundinformation Initiative Tierwohl

Die Initiative Tierwohl ist eine Vereinigung der Partner aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft, Lebensmittelhandel und Gastronomie, die 2015 als ein Förderprogramm für Tierwohl gegründet wurde. Sie unterstützt Landwirte finanziell bei der Umsetzung von Maßnahmen für bessere Haltungsbedingungen von Schweinen, Hähnchen und Puten. Das Produktsiegel der Initiative Tierwohl zeichnet die Fleischprodukte aus, die von einem Betrieb stammen, der an der Initiative Tierwohl teilnimmt und die festgelegten Tierwohlkriterien umsetzt. Laut der Initiative Tierwohl nehmen 10.200 landwirtschaftliche Betriebe teil.

Das Kennzeichnungssystem der Supermarktketten sortiert Fleisch aus Betrieben der Initiative Tierwohl in Haltungsform 2 ein.

2. Tierschutzlabel

Tierschutz

Tierschutzlabel „Für Mehr Tierschutz“

Mit dem zweistufigen Tierschutzlabel „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes werden Produkte gekennzeichnet, die strengen Anforderungen unterliegen. Das Tierschutzlabel-System umfasst die gesamte Kette von der Haltung bis zur Verarbeitung. Das Label gibt es für Masthühner, Mastschweine, Legehennen und Milchkühe. Die Kriterien sollen aber langfristig für alle landwirtschaftlich genutzten Tiere erarbeitet werden.

Einstiegsstufe mit einem Stern

Für Schweine fordert sie z.B. Ställe mit Komfortliegebereichen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Kupieren der Schwänze ist verboten. Bei Milchkühen ist unter anderem die Anbindehaltung verboten. Im Supermarkt entspricht das Label der Haltungsform 3.

Premiumstufe mit zwei Sternen

Bauern, die Fleisch dieser Stufe verkaufen wollen, müssen ihren Tieren Zugang zu Frischluft und Auslauf gewähren, mehr Platz und mehr Beschäftigung bieten. Im Supermarkt entspricht das der Haltungsform 4.

3. Ökologischer Landbau

Artgerechte Tierhaltung ist das Leitbild im ökologischen Landbau. Neben dem EU-Bio-Standard gibt es noch die Kriterien der Bio-Anbauverbände. Auch sie umfassen Tierwohlstandards, die in einigen Punkten noch strenger sind als die der EU. Die größten Verbände sind Bioland, Naturland und Demeter.

4. Neuland

Neuland

Siegel „NEULAND“

Landwirte, die ihre Tiere nach den Neuland-Richtlinien halten, produzieren kein bio-zertifiziertes Fleisch. Sie legen aber Wert auf eine besonders artgerechte Tierhaltung. Träger von Neuland sind der Deutsche Tierschutzbund, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Nach dem Kennzeichnungssystem der Handelsketten entspricht Neuland-Schweinefleisch der Haltungsform 4.

5. DLG-Tierwohl-Label für Milchviehhaltung

Die DLG ist eine Organisation der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Das neue DLG-Programm fördert die tiergerechte Haltung von Milchkühen. Es enthält Anforderungen zu Platzangebot, Kontakt zum Außenklima, qualitativ hochwertigem Futter, Beschäftigungsmaterial und Gesundheitsvorsorge und vielen weiteren wichtigen Anforderungen an die Betriebsführung zur tiergerechten Haltung. Die Labels wurden von der DLG in Zusammenarbeit mit unabhängigen Experten entwickelt. Die Einhaltung der Kriterien wird einmal im Jahr geprüft. Mit der Durchführung ist die DLG TestService GmbH beauftragt. Sie koordiniert die Prüfung in einem Netzwerk akkreditierter Zertifizierungsstellen sowie unabhängiger Auditoren.

6. Neue Tierhaltungskennzeichnung: Pläne der Regierung

Die Ampelkoalition schreibt in ihrem Koalitionsvertrag, dass ab 2022 eine verbindliche Tierwohlkennzeichnung eingeführt wird. Auch die Herkunft soll umfassend gekennzeichnet werden. Ziel seien außerdem verbindliche, EU-weit einheitliche Standards. In Anbetracht der Vielzahl von „Qualitätssiegeln“ ist ein verbindliches, staatliches Siegel dringend nötig damit Konsumenten den Überblick behalten.

Nicht nur aus Sicht des Tierwohles, sondern auch aus Umweltschutzgründen sollte bewusst und in Maßen Fleisch gegessen werden – oder wer kann, ganz darauf verzichten.

Ihr Hevert-Umweltmanagement

 

Quellen:

Stiftung Warentest
Haltungsform
Initiative Tierwohl
Tierschutzbund
Neuland
DLG-Tierwohl
BMEL
NDR