Liebe Freund:innen, liebe Unterstützer:innen,

Kürzlich habe ich mit freudigem Erstaunen von meinen Mitarbeitern erfahren, dass unsere kleine Grundschule in Gando, die ich zusammen mit der Unterstützung von so vielen von euch noch als Student im Jahr 2001 fertig stellen konnte, von der New York Times zu einem der 25. bedeutendsten Bauwerke der Nachkriegsarchitektur gewählt wurde.
Zuerst konnte ich es nicht fassen, doch dann las ich den Artikel und meine Brust füllte sich mit Stolz und Dankbarkeit für das, was wir seither geschafft haben.

Erinnern Sie sich? Ich hatte noch kein Diplom, nicht mehr ganz jung, aber durchdrungen von größenwahnsinnigen Ideen, meinem Dorf Gando in Burkina Faso, Westafrika zu helfen. Zuallererst wollte ich dort eine Grundschule bauen, denn Bildung, das war mir schon vor meinem Studium bewusst, war der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Entwicklung. Dieses kleine Bauwerk also, war der Schlüssel zu meiner heutigen Karriere als Architekt. Es war eine riesige Anstrengung die nötigen Mittel aufzutreiben, das waren Beträge wie ich sie noch nie zuvor benötigt hatte, und trotzdem kostete die Schule damals Dank der Eigenleistung und Unterstützung nur rund 30.000,00 €. Das allein ist schon ein Wunder.
Noch viel schwieriger war es meine Gemeinschaft im Dorf vom Bau einer Lehmschule zu überzeugen. Sie kennen die Geschichte, ich habe sie oft erzählt: Eine Schule aus Lehm zu bauen, nachdem ich in Deutschland, dem Land der Bautechnologie studiert hatte, und keinen Stahlbeton, kein Glas einzusetzen, das galt damals für meine Leute im Dorf schon fast als Beleidigung.
Nach der Eröffnung der Schule aber, als die Kinder endlich in einem kühlen, hellen und durchlüfteten Raum unterrichtet werden konnten, hatte sich der Baustoff Lehm neu etabliert. Für mich war es auch ein persönliches Wagnis. Was hätte ich getan, wenn die Grundschule nicht so gut angenommen worden wäre? (Als ein Einzelner bedeutest Du nichts in einer Kultur, die auf die Gemeinschaft baut.) Und dann plötzlich wurde ich 2004 mit dem Aga Khan Award für nachhaltige Architektur ausgezeichnet. Ich konnte es wieder einmal nicht begreifen, dass sich jemand außerhalb des Dorfes für diese kleine Schule interessieren sollte. Wollte ich doch nur den Schulkindern bessere Bedingungen und Zugang zu Bildung verschaffen. Die Preisverleihung fand in Indien statt und ich beschloss meinen Vater, den Häuptling und Dorfältesten auf diese Reise mitzunehmen, denn die Ehrung galt auch ihm. Er hatte immer unterstützt, dass die Kinder die Schule besuchen konnten, schickte mich mit sieben Jahren schon in die Hauptstadt, um Lesen und Schreiben zu lernen. Er war ein Visionär und ihm möchte ich nochmals von ganzem Herzen danken.

Ebenso gilt dieser Dank auch meiner Mutter, die hochbetagt im Dorf lebt und über ihre vielen Enkelkinder wacht. Sie hat immer mir den Rücken gestärkt, trotz der schwierigen Umstände des dörflichen Lebens hat sie mir als Kind Münzen zugesteckt, die sie sich vom Mund abgespart hatte, damit ich daraus etwas Sinnvolles machen konnte.
Ihr lieben Freunde und engen Wegbegleiter, euch möchte ich danken. Ihr seid mit mir durch Höhen und Tiefen gegangen. Von denen es zahlreiche gab! Und immer bin ich mit eurer Unterstützung gestärkt daraus hervor gegangen. Ihr habt an mich geglaubt, an meine Vision, meine Arbeit. Nie hätte ich mir träumen lassen, wohin diese Arbeit mich bringen würde, war sie doch nur zur Verbesserung der Lebensumstände im Dorf gedacht. Sie hat so viele Menschen weltweit erreicht, berührt und inspiriert. Jede Auszeichnung, die ich dafür erhalte, ist auch eure!
Nach der ersten Grundschule konnten zahlreiche Folgebauten in Gando realisiert werden. 2008 bekam die Grundschule bereits einen Erweiterungsbau, gefolgt von einer Schulbibliothek, einem Frauenzentrum und Lehrerwohnhäusern. Derzeit in der Fertigstellung ist unser Gymnasium für 1.000 Schüler:innen. Die ersten Jahrgänge konnten dort schon ihre Abiturprüfung ablegen. Unter den vielen jungen Erwachsenen, die bereits die Schulausbildung abgeschlossen haben, sind Lehrer:innen, Pflegekräfte, Ingenieure, Fachkräfte die das Land dringend benötigt.
Die Arbeit des Vereins, ist letztendlich die, wofür ich bekannt und geehrt worden bin. Nun habe ich das Glück, dass ich als Architekt große Gebäude in anderen Ländern bauen darf und viel mehr Menschen mit einer nachhaltigen Bauweise inspirieren kann.
Ohne diese erste Grundschule in Gando würde das nicht möglich sein.

Francis Kéré und Team