Regelmäßig wird die Wirksamkeit der Homöopathie in Frage gestellt. „Die Homöopathie wirkt nicht über den Placeboeffekt hinaus“ ist das geflügelte Wort der Homöopathie-Gegner. Und zugegebenermaßen ist es für viele Menschen nicht einfach zu verstehen, dass mit Hilfe der Homöopathie Heilerfolge erzielt werden können. Der Grund: selbst die Wissenschaft ist noch nicht in der Lage, das Wie, also das Wirkprinzip der Homöopathie vollständig zu erklären. Doch wie kann die Homöopathie auch bei kleinen Kindern, Tieren und Pflanzen1 wirken, wenn es sich angeblich um einen reinen Placeboeffekt handeln soll? Mittlerweile existieren zahlreiche Beobachtungsstudien und Meta-Analysen sowie vereinzelte klinische Studien, die aufzeigen, dass die Homöopathie sehr wohl wirkt.2 In diesem kurzem englischsprachigen Video des Homeopathy Research Institute kommen einige bekannte internationale Homöopathie-Forscher zum Thema Homöopathie vs. Placebo zu Wort. Selbst Wissenschaftler, die der Homöopathie kritisch gegenüberstehen, müssen eingestehen: „Wir sind von der Menge an positiven Nachweisen, sogar unter den besten Studien, überrascht. Aufgrund der Datenlage wären wir bereit, zu akzeptieren, dass Homöopathie wirksam sein kann, wenn nur der Wirkmechanismus plausibler wäre.“3 Dass das Wirkprinzip nach wie vor nicht final erklärt werden kann, heißt im Umkehrschluss nicht, dass Homöopathie Nonsens ist. Auch in der evidenzbasierten Medizin werden immer noch – sogar frei verkäufliche – Arzneimittel eingesetzt, deren Wirkprinzip nur ansatzweise geklärt ist. Eines der aktuellsten Beispiele ist der Wirkstoff Paracetamol. Bekannt ist nach wie vor nur, dass es die Prostglandine-Synthese hemmt. Der komplette Wirkmechanismus wurde allerdings noch nicht abschließend entschlüsselt.
Kritiker der Homöopathie verweisen außerdem oft darauf, dass homöopathische Mittel so stark verdünnt sind, dass „nichts mehr drin ist“. Viele sprechen von reinen „Zuckerkügelchen“ und werfen den Herstellern, homöopathischen Ärzten und Heilpraktikern Betrug vor. Ja, es gibt homöopathische Mittel, die sehr stark verdünnt sind. Diese „Ultrahohen Verdünnungen“ (homöopathische Mittel mit Potenzen größer C12 oder D24) sorgen für kontroverse Diskussionen in der Fachwelt. Vor allem deshalb, weil Kritiker dasselbe generelle Wirkprinzip voraussetzen wie bei herkömmlichen Arzneimitteln. Diese greifen unmittelbar über biochemische Prozesse in verschiedene Stoffwechselvorgänge ein. Der Wirkmechanismus von Homöopathika beruht allerdings eher auf einer physikalischen als auf einer chemischen Grundlage. Experimentelle Studien haben nachgewiesen, dass ultrahoch verdünnte homöopathische Mittel biologische Wirkungen aufweisen, die nicht feststellbar wären, wenn es sich lediglich um „Wasser“ oder „Zuckerkügelchen“ handeln würde. Neben den Globuli, die typischerweise mit der Homöopathie in Verbindung gebracht werden, stehen zudem Tabletten, Tropfen und Injektionen zur homöopathischen Behandlung zur Verfügung. Diese enthalten häufig Potenzen, in denen die Wirkmoleküle noch nachweisbar sind (sogenannte Tiefpotenzen). Und zusätzlich zu den homöopathischen Einzelmitteln kennt die Homöopathie auch Komplexmittel, die mehrere Wirkstoffe in einem Medikament vereinen. Fazit: Die Homöopathie ist ein komplexes Themenfeld, das nicht pauschal abgelehnt werden sollte, nur weil Einiges wissenschaftlich nicht zu erklären ist. Auch, wenn die Homöopathie als Alternativmedizin bezeichnet wird, sollte sie nicht als Konkurrenz wahrgenommen werden. Ganz im Gegenteil! Im Sinne der integrativen Medizin kann und sollte sie komplementär zur Schulmedizin eingesetzt werden, insbesondere, wenn das der Wunsch der Patienten ist. Letztendlich gilt auch für die Homöopathie die Meinung von Hippokrates „Wer heilt, hat Recht“.
Neues aus der Wissenschaft
Um die Wirksamkeit der Homöopathie zu untersuchen, wurde 2014 durch Dr. Robert Mathie eine Untersuchung placebokontrollierter homöopathischer Studien durchgeführt. Wie das Homeopathy Research Institute (HRI) in London berichtet, ist hierzu kürzlich ein Update erschienen. Im Vergleich mit der Schulmedizin zeigten sich bei homöopathischen Behandlungen ähnliche Ergebnisse im Hinblick auf die Wirksamkeit und Therapieziele. Die Differenzierung von Studien mit positiven und negativen Aussagen verschob sich etwas zugunsten der positiv bewerteten:
Studien mit positivem Ergebnis: | Von 41 % auf 45 % gestiegen |
Studien mit negativem Ergebnis: | Von 5 % auf 4 % gesunken |
Nicht aussagekräftige Studien: | Von 54 % auf 51 % gesunken |
Vergleichsweise liegt der Anteil an nicht aussagekräftigen Studien auch bei Analysen zu schulmedizinischen Arzneimitteln im Vergleich zu homöopathischen sehr hoch (ca. 45 % vs. 51 %). Bei solchen mit positiven Ergebnissen liegen beide Heilmethoden gleich auf (ca. 45 %). Anders verhält sich die Sachlage bei den Studien mit negativen Aussagen, da die der Schulmedizin mit ca. 10 %, höher liegt als die für homöopathische Studien. Allerdings sollte bei den Auswertungen auch die Anzahl der durchgeführten Studien in beiden Bereichen berücksichtigt werden. So wurden für den Bereich „Schulmedizin“ 1128 systematische Reviews berücksichtigt. Im Bereich der Homöopathie lag die Gesamtzahl der randomisierten placebokontrollierten Studien (der „Goldstandard“ bei klinischen Studien) Ende 2019 bei 129. Ein deutlicher Unterschied also. Einer der Haupt-Gründe dafür ist, dass für die Forschung im Bereich „Komplementär- und Alternativmedizin“, und damit auch für homöopathische Arzneimittel, im Vergleich zur Schulmedizin nur sehr geringe Finanzmittel zur Verfügung stehen. Dennoch kann ein rundum erfreuliches Resümee gezogen werden! Im direkten Vergleich zur Schulmedizin liegen die positiven Studienergebnisse für die Homöopathie gleich auf. Allerdings wurden von 2014 bis 2019 nur ca. 25 neue homöopathische Studien durchgeführt, was in Anbetracht der Auswertungen von Dr. Mathie dem Thema nicht gerecht wird. Es besteht der dringende Bedarf an weiteren, qualitativ hochwertigen Studien. Damit auch bei Skeptikern die letzten Zweifel an der Wirksamkeit der Homöopathie ausgeräumt wird und sie den Stellenwert erhält, der ihr auf Basis der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch zusteht.
1 Wirkt Homöopathie? Wasserlinsen-Experiment – YouTube
2 https://www.homoeopathie-online.info/meta-analysen-in-der-klinischen-forschung-zur-homoeopathie/
3 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/1825800/
Quellen:
https://www.hri-research.org/2020/10/updated-analysis-of-placebo-controlled-data/
https://www.hri-research.org/resources/homeopathy-faqs/